Was, wenn dich etwas schmerzt, etwas tief getroffen hat? Wie gehst du damit um? Wie wird dir das überhaupt bewusst? Und was tust du dann?
Häufig, wenn uns jemand durch etwas verletzt hat (ohne, dass er/sie es wollte, sich dessen bewusst war), spüren wir die Verletzung, die Trauer, den Schmerz zunächst nicht so deutlich. Wir wechseln recht schnell in den Verteidigungsmodus, um damit in unsere Unversehrtheit zurückfinden. Denn das ist der vermeintlich angemessenere, handlungsfähigere, sicherere Zustand. Es könnte auch sein, dass wir Erstarren, so verletzt und verunsichert sind, dass wir unsere Handlungsfähigkeit damit einbüßen.
Nun möchte ich mit euch anschauen, wie wir noch mit der Verletzung umgehen können. Wie wir herausfinden können, was da passiert ist, mit uns, dem anderen/ der anderen… Der Verletzung liegt zumeist ein sehr individuelles Muster zugrunde. Warum hat mich ausgerechnet dieses Wort, dieser Satz, diese Aussage, dieser Blick von demjenigen/derjenigen verletzt? Manchmal sagen wir umgangssprachlich: welchen Knopf hat der/die bei dir gedrückt. So können wir zunächst mal bei uns bleiben, statt durch das Verteidigen eine Situation zu erzeugen, die noch komplexer und undurchsichtiger wird, als sie ist.
Ich habe es bereits genannt: es geht also darum, das individuelle Muster zu entdecken. Das benötigt ein wenig Forschergeist, Betrachter-Haltung, die von außen beobachtet. Da kann folgende Idee helfen: wenn jemand anderes in dieser Situation gewesen wäre, mit nicht demselben Muster und ich ihn/sie hätte beobachten können, wie hätte er/sie noch reagieren können. Oder verschiedene Situationen, in denen dir ähnliches widerfährt, miteinander zu vergleichen und daraus abzuleiten, was sich ähnelt, was das gemeinsame Muster ist.
Diese Muster ergeben sich oft aus der eigenen Geschichte. Damit einhergehend haben wir Interpretationen, Glaubenssätze, Annahmen, innere Bedeutungsgebung etc. über mich, die anderen und die Gesellschaft/ Kultur … kreiert oder gesammelt. Meist kommen diese in solchen Momentan zum Tragen. Und nicht nur das: wir bestätigen sie uns in der Situation durch das Muster oder zumindest durch das Hervorholen der Annahmen, der Glaubenssätze. So verharren wir in Annahmen über uns und die anderen und die Welt.
Einige Beispiel:
Ein Kollege meldet sich nicht, obwohl er versprochen hatte sich in 1 Stunde zu melden. Beobachte hier, was deine ersten Annahmen über dich, die Beziehung, den Kollegen sind. Was ‚machst‘ du üblicherweise aus oder in so einer Situation.
Eine Freundin erzählt, dass sie mit einer anderen Freundin ihren Geburtstag im Wellnesshotel feiern möchte. Was sind deine ersten Impulse hier? Welche Gedanken, Gefühle, Interpretationen sind blitzschnell da?
Eine Kollegin präsentiert das gemeinsam Erarbeitete mehr als ihre eigene Idee und Ausarbeitung.
Ein Konzept aus der Transaktionsanalyse kann dir bei der Suche nach den inneren Annahmen, Impulsen und den sich selbst bestätigenden Glaubenssätzen über dich helfen. Die beiden Transaktionsanalytiker Mary und Bob Goulding haben Glaubenssätze zusammengetragen, diese Botschaften nennen wir Einschärfungen, da sie aus der frühen Kindheit von anderen ‚eingeschärft‘ wurden. Wir haben diese in einer Podcastepisode aufgezählt, besprochen und niedergeschrieben: Hier kannst du sie lesen https://transaktionsanalyse.online/einschaerfungen/. Dabei empfehle ich dir, dich von diesen Sätzen jeweils inspirieren zu lassen, ähnliche Sätze zu kreieren und daran zu beobachten, welche für dich passen, die auch Emotionen auslösen, Bilder vergangener Situationen hervorholen oder sich zumindest sehr vertraut anhören. Damit bist du dann deinen ganz eigenen ‚roten Knöpfen‘ auf der Spur und kannst diese im Alltag erkennen und beobachten.
Im nächsten Schritt gilt es diese in den jeweiligen Situationen zu enttarnen und sich damit auseinander zu setzen, z.B. dadurch, dass du Fragen an die in der Situation Beteiligten zu stellen. Manchmal stellt sich sehr schnell heraus, dass die anderen Beteiligten das Gegenteil deines Glaubenssatzes bestätigen wollte und dir sogar sehr positives Feedback oder nette Einschätzungen über dich geben. Deine Sicht und Interpretation der Situation oder des Verhaltens des anderen war also aufgrund deiner inneren Muster geprägt und haben so deine Wahrnehmung der Situation gefärbt und haben wenig mit dem zu tun, was der andere sagte, wollte, meinte.
Ein weiterer Schritt kann dann sein, diese Einschärfungen – wie wir es in dem Bild gemacht haben – umzukehren in Erlaubnisse. Auch hier gilt es zu experimentieren: welche Formulierung passt für dich, welche kannst du annehmen, spüren, langsam zulassen… nach und nach die alten Glaubenssätze übertönen lassen, zu einer neuen Idee über dich und andere wachsen lassen. Das braucht Zeit, das braucht Wiederholung, das braucht vielleicht auf Unterstützung!
Weiterführend kannst du die anderen Podcasts dazu hören oder ich empfehle dir sehr das Buch von Almut Schmale-Riedel ‚Der unbewusste Lebensplan.
Und gerne kannst du dich bei Fragen an mich wenden! Ich freue mich von dir zu hören!
Liebe Christin,
danke für diesen schönen Artikel. Sehr gehaltvoll, insbesondere der Hinweis auf Einschärfungen und das Skript. Ich füge häufig zwei weitere Begriffe hinzu: unfinished buissenes (Fritz Pearls) und Überstrahlung (Zeigarnik). Daraus resultierend stelle ich gerne die Frage, inwieweit andere tatsächlich einen verletzen können oder eben die Verantwortung für mögliche trigger bei mir liegt. Frei nach Nietzsche: Ohne deine Bereitschaft kann niemand bewirken, dich schlecht fühlend zu machen.
Liebe Grüße
Bernd